Montag, 21. Oktober 2013

Kurban Bayramınız Mübarek Olsun!

Oder auch schlicht und einfach Fröhliches Opferfest! Kurban Bayramı wird im Islam in Erinnerung an den Propheten Ibrahim (bei uns hört der Gute auf den Namen Abraham) gefeiert, der Allah sogar seinen eigenen Sohn geopfert hätte. Kinder kamen bei uns allerdings nicht auf den Tisch (hoff ich zumindest). Da meine ehemalige, sehr religiöse Gastfamilie schon Wochen vorher von diesen hohen muslimischen Feiertagen erzählt hat und Vorbereitungen für das Fest getroffen hat, war ich sehr gespannt was mich so erwartet.
Die Antwort: Nicht sonderlich viel. Denn einzigen Brauch denn ich bei meiner neuen Gastfamilie, die sich als „flexible muslims“ bezeichnet, mitbekommen habe, ist der Teller mit kleinen Stücken „Opferfleisch“ zum Frühstück. Und sogar ich als eigentlich überzeugter Vegetarier muss zugeben: Sehr, sehr lecker! Aber das trifft ja hier sowieso auf fast alles zu. Ansonsten war 4 Tage entspannen angesagt. Dass heisst bis 12 Uhr schlafen, dann erstmal g’scheit was essen, zuhause oder bei den Nachbarn auf der Couch rumhaengen und literweise Çay und Kaffee trinken und so lange aufbleiben bis auf Skype nur noch der Echo Sound Test Service online ist.

Wo wir grad bei Kaffee sind: Diese Woche kam ich in den Genuss meiner ersten Kaffeesatz-Séance. Dabei wird die Tasse nach dem Trinken einfach auf die Untertasse gestülpt und dann gewartet bis das ganze kalt ist. İn dem Muster, dass sich in der Tasse bildet steht schließlich die Zukunft geschrieben! In meinem Fall der glühende Zorn auf einen Mann mit kurzen schwarzen Haaren. An denen es hier nicht gerade mangelt. Mal sehen mal sehen.
 

Wer hier drin nichts sehen kann...


...der hat eben kein drittes Auge.

Zwischen dem ganzen Rumgegammel muss selbstverständlich auch mal ein bisschen gearbeitet werden: Deutsch-Nachhilfe für meine Gastschwester. Aber auch ich konnte hier noch was dazulernen: Oblowowski, Wallander und (mein Favorit) Bux, sind anscheinend weit verbreitete deutsche Nachnamen. Zumindest wenn man nach dem Arbeitsheft „Vorwärts“ geht. Klar. Müller und Meier sind ja auch langweilig.

Bei den vielen Freunden/Nachbarn/Verwandten, die ich diese Woche so kennengelernt habe, ist mir eins aufgefallen. Die Frage die einem hier als erstes gestellt wird, noch vor dem Namen, ist die nach dem Lieblingsfußball- Verein. Meine ehrliches „I don't care“ wird allerdings ebenso wenig akzeptiert wie mein diplomatisches „I like them all“. Ich bin jetzt also offiziell Dortmund-Fan. Zu meinem Leidwesen scheint immer grad irgendwo ein Dortmund-Spiel zu laufen, was dann mir zuliebe auch gleich eingeschaltet wird. Mein Lieblingsspieler ist übrigens trotzdem Mesut Özil. Es lebe die deutsch-türkische Freundschaft.

Montag, 14. Oktober 2013

Zwischenbilanz


Vor fast genau einem Monat bin ich hier in Istanbul gelandet. Wenn ich daran denke, wie ich mich von allen in Deutschland verabschiedet habe und wie ich mit Steffi mit Schmetterlingen im Bauch im Flugzeug saß, erscheint es mir, als wären erst wenige Tage vergangen. Gleichzeitig aber kommt es mir vor, als wäre ich schon Ewigkeiten hier in Istanbul. So oder so, höchste Zeit für eine Zwischenbilanz:

1.       Was ich an der Türkei am meisten schätze:  Ganz klar, die türkische Wärme und Hilfsbereitschaft. Hier scheint jeder bereit zu sein, seine eigenen Pläne hintenanzustellen wenn man in Schwierigkeiten steckt (Was ich natürlich fast nie tue, räusper). Ach ja, und die Regelung mit dem Verkehr. Schon wenn ich mir in Deutschland eine Fahrkarte von Geltendorf nach München kaufen will gerate ich ja immer extrem ins Straucheln (Wieviel Zonen sind das nur wieder? Gilt das Zonen-System eigentlich überhaupt noch? Wenn ja, wieviele Streifen für wieviele Zonen? Und wenn nein, wie soll man das sonst machen? Krieg ich Schüler-Rabatt? Und warum kostet das Partner-Tagesticket weniger als das Single-Ticket? Und was zur Hölle ist der Innen-und was der Außenraum? Hää?! Ach, egal, ich fahr einfach als Kind.) In Istanbul hat irgendein genialer Mensch an Leute wie mich gedacht und eine noch genialere Sache erfunden: Die Istanbul-Kart. Man lädt einfach Geld drauf und los geht die wilde Fahrt (hier meistens wörtlich zu nehmen). Egal wohin, egal wie lang, ob Bus, Fähre oder Metro. Einmal über den Display ziehen und warten bis es Piep macht. Von ganzem Herzen: Danke.

2.       Was ich an Deutschland am meisten vermisse:  Schwarzbrot. Und feste Abfahrtszeiten.

3.       Was ich an den Türken mag: Dass sie einem immer Tee anbieten :)
4.       Was mich an den Türken nervt: Typisches „südländisches Temperament“. Ist ja mal ganz nett, aber auf Dauer einfach nichts für mich. Zu anstrengend. Für  leidenschaftliche Auseinandersetzungen darüber, ob jetzt grüne oder rote Paprika die bessere ist, bin ich wahrscheinlich schlicht und einfach zu faul.  Hier knallen aus den seltsamsten Gründen gerne mal die Türen. Da ich aber eh herzlich wenig von den hin-und herpeitschenden Wortgefechten verstehe, nutze ich die Zeit meistens um über meinem Glas Cay ein bisschen zu meditieren. Ohm.

Ach ja, und die ständigen Versuche mich unter die Haube zu bringen find ich auch nicht ganz so klasse.

5.       Was ich umsonst eingepackt habe:  Meinen  Istanbul-Stadtplan. Der zeigt, wie ich festgestellt habe, nur einen winzigen Bruchteil der Stadt. Und zwar genau den, der wegen den Touristenmassen sowieso bestens beschildert ist. Sehr gut investiert, das Geld.

6.       Was ich hätte mitnehmen sollen:  Bücher. Die Fahrten sind lang. Bei dem Versuch hier einen englischen Buchladen zu finden habe ich mich, nicht zum ersten Mal, gnadenlos verlaufen. Als ich dann endlich drinnen war wollte mich der freundlich und nur leicht aufdringliche Verkäufer nicht eher gehen lassen, bis er mir ungelogen jedes Buch in seinem Geschäft einzeln angepriesen hat. Mitsamt Angaben zu Inhalt, Autor und moralisch-gesellschaftspolitischer Bedeutung. Zur Bestätigung seiner Lobreden wurde mir dann begeistert eine Auswahl von Briefen und E-mails gezeigt, die ihm enthusiastische Leser geschrieben haben, rein zufällig waren natürlich auch ein paar auf Deutsch dabei. Ob diese „Deutschen“ überhaupt lesen konnten wage ich nach Worten wie „Diese Buch best!!!“ allerdings zu bezweifeln.

Was ich sonst noch gut hätte gebrauchen können: Schicke Kleidung und schöne Schuhe. Hätte ich bei einem „Freiwilligendienst“ auch nicht gedacht, aber so ist es.

7.       Mein persönlichen Istanbul-Highlights in drei Worten:  Schafskäse, Istanbul-Kart, Bosporus-Brücke.
Soviel dazu. Zusammen mit meiner Gastfamilie habe ich diese Woche übrigens gleich mal den Kontinent gewechselt. Was ich dabei gelernt habe: Es rät sich nicht, auf die mit misstrauischem Blick gestellte Frage einer 14jährigen "Do you like Justin Bieber?" mit einem aus Panik drei Oktaven zu hohem "Yes?!?" zu antworten. Kleine Lügen bestraft Allah sofort.
 

Freitag, 4. Oktober 2013

Jaa, auch hier kommt mal der Alltag

Merhaba! Vor ziemlich genau drei Wochen bin ich hier in Istanbul gelandet und ich muss sagen, die Zeit vergeht wie im Flug! Doch für die kurze Zeit habe ich mich inzwischen echt gut eingelebt. Was vor allem heißt, dass ich täglich mindestens drei Liter schwarzen Tee trinke, einen halben Leib Weißbrot zum Frühstück verputze und auch bei Rot über die Straße hechte. Ich habs echt satt angestarrt zu werden als wär ich grenzdebil nur weil ich - wie bescheuert kann man sein?-  schön artig warte bis die Ampel grün wird.
An welchen Sachen ich noch so merke dass allmählich der Alltag bei mir einkehrt? Ich springe am Morgen nicht mehr mit den Gedanken "Juuhuu ein neuer Tag, ein neues Abenteuer!!" aus dem Bett sonders verfluche meinen Wecker und zieh mir die Decke über den Kopf. Ich  denk auch nich mehr bei jedem türkischen Wort "Hmmm, was das wohl heißt?! Gleich mal im Wörterbuch nachschaun!". Ich verpasse wie gewohnt meine Haltestellen weil ich zu sehr in mein Buch vertieft bin (Jane Austen, Gott hab sie selig, sei Dank). Alles also wieder fast ganz normal bei mir.

Bis auf diese kleinen Begebenheiten die einem in Deutschland nie passieren würden. Wie als ich vor ein paar Tagen von meiner Chefin mitgenommen und in einer wildfremden Gegend gelandet bin. Bevor ich, schon voll in Panik wie zum Teufel ich je wieder nach Hause finden soll, mich richtig umgucken kann, hat man mich schon einer Gruppe mit Tüten bepackter türkischer Großmütter in die Hand gedrückt. Die können zwar kein Wort Englisch aber ihrem Lächeln nach zu urteilen sich nichts schöneres vorstellen als die "Kücük Almanca"(die kleine Deutsche, das bin ich^^) durch den Istanbuler Feierabendverkehr an die richtige Adresse zu lotsen. Und so verbringe ich zwei Stunden in überfüllten Bussen an der Seite (oder teilweise auch an der Hand) freundlicher fremder Frauen, die mich wenn sie aussteigen eben einfach an eine Person ihres Vertrauens (oder auch nicht) weiterreichen. So kommt man auch nach Hause :) 

Diese Woche hat auch endlich mal meine Arbeit angefangen, ein kleines Büro mit großem Keller im europäischen Viertel Fatih. Um dort hin- und von dort aus wieder zurück zu gelangen kostet es mich täglich 4 Stunden Fahrzeit und eine gehörige Portion Nerven. Erst mit dem vollgestopften Bus zum Hafen, dann mit der Fähre rüber nach Europa (meine Begeisterung fürs Fährefahren ist inzwischen etwas gedämpfter. Bei 8 Grad, Regen, Wind und einem Stehplatz im Freien nicht mehr ganz so romantisch.) und schließlich mit der Tram nach Fatih. Das ist mein Lieblingsteil, denn hier begegnet man fast immer ein paar Deutschen, die meistens- Klischee hin oder her- gerade dabei sind sich über irgendwas zu beschweren. Vorzugsweise der Verkehr, obwohl auch das Wetter grad ganz hoch im Kurs steht. Heute dann die erste Unterrichtsstunde. Ich und sechs Drittklässler, deren Englisch sich auf "Hiiiii" beschränkt. Nach etwaigen Versuchen, meine Autorität durch türkisches Geblabbel zu untergraben wurden schließlich wenig schmeichelhafte Bilder von "Läna" an die Tafel gekritzelt, die zwar meinem Selbstbewusstsein einen Knacks verpasst haben die ich aber natürlich trotzdem alle very nice fand. Mit frischer Motivation hatte ich dann die glorreiche Idee, ihnen den "Good Morning- Song" beizubringen. Ich fand den mit acht Jahren schließlich schon ziemlich cool. Nach drei musikalisch mehr oder weniger erfolgreichen Durchläufen dann die Frage, ob ich ihnen nicht lieber Gangnam-Style beibringen kann. Na. Super.